Entstehungsgeschichte

Bis jetzt war es nicht klar, wann der Kirchenchor Nütheim-Schleckheim (heute Kapellenchor) sein Jubiläumsjahr feiert. Der älteste Fund, an dem der Chor erstmalig erwähnt wurde, ist der 04.04.1927. Hier eine Übersetzung aus dem Sütterlin – Schriftverkehr zwischen dem Dechanten der Pfarre „Cornelimünster“ Gerson und dem erzbischöflichen Generalvikariat Köln.

Kapelle Schleckheim historisches Foto Entstehungsgeschichte Gründung Kapellenchor

Auszug aus dem „Bischöflichen Diözesanarchiv Aachen“
Gvo KA 1846 [Kapelle Schleckheim 1869-1928]

Betrifft Herrn Domkapellmeister Mölders Cornelimünster 04.04.1927


In Schleckheim, Pfarre Cornelimünster, hat der Lehrer Schmidt einen gemischten Chor (mit Damen) gegründet, der soll dreimal im Jahre in der Kapelle zu Schleckheim mehrstimmige Messen singen. Dem Lehrer Schmidt habe ich dazu erklärt, daß ich dazu meine Genehmigung nicht erteile. Darauf hat sich der Lehrer Schmidt an Herrn Domkapellmeister gewendet mit der Bitte, es ihm zu gestatten. Er erhielt die Antwort: Ich gestatte es, wenn der Pfarrer damit einverstanden ist und die Bürgschaft übernimmt für sittliches gutes Verhalten. Dazu habe ich zu bemerken:


1.)    Gibt es eine Entscheidung Roms, die nach dem Motuproprio Pius X nun solche Konzession gestattet, auch unter genannten Bedingungen?

2.)    Hat Herr Domkapellmeister das Recht zu erklären: Ich gestatte? Ist er Behörde?

3.)    Warum hat Herr Domkapellmeister Mölders sich nicht vorher mit mir ins Benehmen gesetzt?

4.)    Ich habe auch nach der Konzession von Herrn Mölders mein Einverständnis verweigert. Warum bringt mich Herr Mölders bei den Leuten in Mißkredit?

5.)    Wie kann ich die genannte Bürgschaft übernehmen, da Schleckheim
½ Stunde von Cornelimünster entfernt ist und man die Mädchen und Damen eines gemischten Chores nicht nur vor Unverheirateten sondern auch vor Verheirateten  schützen muß?

6.)    In Cornelimünster besteht ein gemischter Chor, ein Beförderungsmittel sehr großer Vergnügungssucht und eines – gelinde gesagt – sehr leichtfertigen Benehmens.

7.)    Schleckheim hat trotz des Protestes meines Amtsvorgängers die Erlaubnis erhalten, sonntags eine heilige Messe halten zu lassen. Die Kapelle ist klein, die Burschen liegen davor im Grase und raufen; so erfüllen sie ihre Sonntagspflicht. Die Kinder sollten nach Verfügung des Erzb. Gen. Vic. an den Sonntagen zur Pfarrkirche in die heilige Messe gehen, was nur in mangelhafter Weise geschieht. Wie alle Leute, die eine sonntägliche Messe in ihrer Kapelle haben, begnügen sich die meisten Leute damit. In Schleckheim besteht ein Sammelverein für die Kapelle, wo sogar die Collecten in der Kirche einsäckelten, die Kapelle benahm (?) ließ ohne Rücksicht auf Pfarrer und Kirchenvorstand, bis ich ihm das Handwerk legte. Schleckheim ließ ein Kriegerdenkmal errichten ohne das geringste christliche Zeichen und verlangte dann, ich sollte es noch benedizieren, was ich allerdings nicht tat.

8.)    Die Kapelle umfaßt 50 <> Beiraum und dafür ein gemischter Chor!

A. Gerson, Dechant

 


Antwort:

Köln, den 05. April 1927

An Herrn Dechanten Gerson, Hochw. Cornelimünster

Mit Rücksicht auf die geschilderte Sachlage müssen wir es bedauern, daß Herr Domkapellmeister Mölders dem Lehrer Schmidt in Schleckheim in Sachen des Kapellenchores ein so weit gehendes Entgegenkommen gezeigt hat. Wir nehmen an, daß er nichts von Ihrer Absage an den Herrn Schmidt gewußt hat. Er hat auch geglaubt, als Diözesanpräses des C. Vereins eine derartige Entscheidung treffen zu dürfen. Nach unserer Ansicht, wäre es besser gewesen, wenn Herr Mölders die Sache uns zur weiteren Veranlassung der Erledigung übergeben hätte. Es dürfte sich empfehlen, daß Sie die von Herrn Mölders gegebene Entscheidung ignorieren und an der Verweigerung Ihres Einverständnisses festhalten.

 


Anmerkung:


Der gemischte Chor wurde dann trotzdem gegründet. Ein Männerchor hat anscheinend vorher bestanden, dazu sind bisher keine Unterlagen gefunden worden. Vielen Dank an Marita Hermann-Kuck für die Übersetzung der Schriftstücke aus dem Sütterlin.

Monika Koch